Samstag, 10. November 2012

Die Massenkonsumgesellschaft der „Golden Twenties“ in den USA

In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts traten die USA in eine außergewöhnliche Prosperitätsphase ein. Viele positive Umstände kamen zu dieser Zeit zusammen, sowohl in den USA selbst als auch global. Die „Golden Twenties“ ließ die US-amerikanische Gesellschaft zu einer in dieser Form neuen Massenkonsumgesellschaft werden.

Grundlage der „Golden Twenties“ war ein Industrialisierungsschub, der in den USA um 1870 begann. Verschiedene Faktoren begünstigten diesen: Starkes Bevölkerungswachstum hervorgerufen durch Einwanderung und hohe Geburtenraten stellte grundsätzlich genügend Arbeiter bereit, um neue Fabriken effizient nutzen zu können. Dabei zwang die hohe Mobilität der Arbeiter und die Möglichkeit an der „frontier“ weiterzuwandern Unternehmer relativ hohe Löhne zu zahlen. Um dies zu kompensieren war es erforderlich innovative Technologien einzuführen, Mensch durch Maschine zu ersetzen. Alle folgten dem „American Dream“, dem Gedanken grundsätzlicher Gleichheit, der Überzeugung durch Selbstdisziplin und Eigeninitiative ein erfülltes Leben erreichen zu können. Dies wiederum bedingte stark erfolgs- und leistungsorientiertes Verhalten und gute Arbeitsmoral und gerade Einwanderer kamen mit puritanischen (religiösen) Vorstellungen von Fleiß und Anspruchlosigkeit nach Amerika.
Sowohl in den USA als auch im Ausland stand viel Kapital für Investitionen in neue Technologien zur Verfügung, Banken stellten großzügige Kredite zur Verfügung; Maschinen ermöglichten sehr große Effizienzsteigerungen.
Das Eisenbahn- und Kanalnetz war bald gut ausgebaut und durch die so geschaffene, hervorragende Infrastruktur konnten besonders die riesigen Rohstoffvorkommen zum Beispiel Holz und Öl abgebaut und verarbeitet werden. Besonders durch die Expansion im Westen an der „frontier“ schien der Rohstoffreichtum unermesslich. Die katastrophalen ökologischen Folgen des Raubbaus zeigten sich erst im 20. Jahrhundert.
Die unter solch günstigen Bedingungen produzierten Waren ließen sich auf einem riesigen Binnenmarkt, der durch hohe Schutzzölle gegen ausländische (europäische) Konkurrenz abgesichert war, verkaufen. Darüber hinaus mischte sich der Staat nicht in Wirtschaftsangelegenheiten ein. Der Wirtschaftsliberalismus („laissez faire“) und Protektionismus der Politik förderte die Wirtschaft und führte zu einer bis dahin beispiellosen Hochkonjunkturphase. Sicherlich waren auch viele der oben genannten Faktoren in europäischen Staaten vorhanden, jedoch nur in den USA kam alles zusammen.
Außerdem profitierten die USA vom 1. Weltkrieg, während die europäischen Staaten aufgrund der immensen Schäden und Verluste dieses ersten „industrialisierten“ Kriegs geschwächt wurden. Sie waren bei den USA hoch verschuldet. Die Alliierten forderten im Versailler Vertrag von Deutschland sehr hohe Reperationen, um ihre Kriegsschulden bei den USA und den Wiederaufbau bezahlen zu können. Deutschland wiederum lieh sich zu diesem Zweck Geld aus den USA. Dieser sehr lukrative Geldkreislauf machte die USA endgültig zur weltgrößten Wirtschaftsmacht.

Der wirtschaftliche Aufschwung war nun wie gesagt Grundlage der Konsumgesellschaft. Industrielle Massenproduktion machte Konsumgüter bezahlbar. Zudem stieg das Realeinkommen der Arbeitnehmer bei Arbeitszeitverkürzung; der Achtstundentag wurde eingeführt. Durch die Veränderung des Verhältnisses von Arbeits- und Freizeit entstand Nachfrage nach neuen Dienstleistungen, zum Beispiel Kino, Dienstleistungen rund ums Auto, Urlaub etc. Luxusartikel wurden in Versandhauskatalogen angeboten und durch Ratenkauf erschwinglich. Dabei wurden häufig auch Konsumkredite in Kauf genommen, da Güter zu Prestigeobjekten wurden und Markendenken auf kam. Der soziale Druck verschärfte sich; Konsum entwickelt sich zum Statussymbol.
Der hohe Lebensstandard hatte auch einen hohen Preis. Nur durch eine vollkommen rationale, wissenschaftliche Betriebsführung, bei der einzig die Gewinnmaximierung im Mittelpunkt stand („Taylorismus“, „Fordismus“) konnten die Konsumgüter zu solch günstigen Preisen hergestellt werden. Dass dabei eine völlige Entpersonalisierung der Arbeit stattfand, wurde von den Arbeitgebern zur Kenntnis genommen, jedoch nicht beachtet. Industriearbeiter verloren ihren individuellen Bezug zu der Arbeit. Schlechte Arbeitsbedingungen der Fließband- und Akkordarbeit hatten sowohl physischen und psychischen Folgen. Mit der Chance ungelernter Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt stieg auch die Gefahr von Arbeitslosigkeit und damit von sozialem Abstieg. Aufstiegsmöglichkeiten bestanden dabei kaum. Es gab einfach eine geringere Nachfrage nach Fachkräften, sodass es zu einer größeren Differenzierung innerhalb der Gesellschaft kam.

Insgesamt wurde aus dem Mensch als Individuum der Mensch als ein Teil einer Masse von Konsumenten. Als solcher hatte er natürlich auch an der Elektrifizierung und Motorisierung der Zeit teil und somit an einem hohen Lebensstandard. Der Arbeiter jedoch wurde vollständig unter ökonomische Maximen untergeordnet und litt unter großen Belastungen, besonders die Landbevölkerung. Dass die Kaufkraft auf Dauer nicht in gleicherweise wie die Produktionskapazitäten steigen konnten zeigte sich in größerem Ausmaß erst später in dem „Schwarzen Freitag“ und der „Großen Depression“.  

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