In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts
traten die USA in eine außergewöhnliche Prosperitätsphase ein.
Viele positive Umstände kamen zu dieser Zeit zusammen, sowohl in den
USA selbst als auch global. Die „Golden Twenties“ ließ die
US-amerikanische Gesellschaft zu einer in dieser Form neuen
Massenkonsumgesellschaft werden.
Grundlage der „Golden Twenties“ war
ein Industrialisierungsschub, der in den USA um 1870 begann.
Verschiedene Faktoren begünstigten diesen: Starkes
Bevölkerungswachstum hervorgerufen durch Einwanderung und hohe
Geburtenraten stellte grundsätzlich genügend Arbeiter bereit, um
neue Fabriken effizient nutzen zu können. Dabei zwang die hohe
Mobilität der Arbeiter und die Möglichkeit an der „frontier“
weiterzuwandern Unternehmer relativ hohe Löhne zu zahlen. Um dies zu
kompensieren war es erforderlich innovative Technologien einzuführen,
Mensch durch Maschine zu ersetzen. Alle folgten dem „American
Dream“, dem Gedanken grundsätzlicher Gleichheit, der Überzeugung
durch Selbstdisziplin und Eigeninitiative ein erfülltes Leben
erreichen zu können. Dies wiederum bedingte stark erfolgs- und
leistungsorientiertes Verhalten und gute Arbeitsmoral und gerade
Einwanderer kamen mit puritanischen (religiösen) Vorstellungen von
Fleiß und Anspruchlosigkeit nach Amerika.
Sowohl in den USA als auch im Ausland
stand viel Kapital für Investitionen in neue Technologien zur
Verfügung, Banken stellten großzügige Kredite zur Verfügung;
Maschinen ermöglichten sehr große Effizienzsteigerungen.
Das Eisenbahn- und Kanalnetz war bald
gut ausgebaut und durch die so geschaffene, hervorragende
Infrastruktur konnten besonders die riesigen Rohstoffvorkommen zum
Beispiel Holz und Öl abgebaut und verarbeitet werden. Besonders
durch die Expansion im Westen an der „frontier“ schien der
Rohstoffreichtum unermesslich. Die katastrophalen ökologischen
Folgen des Raubbaus zeigten sich erst im 20. Jahrhundert.
Die unter solch günstigen Bedingungen
produzierten Waren ließen sich auf einem riesigen Binnenmarkt, der
durch hohe Schutzzölle gegen ausländische (europäische) Konkurrenz
abgesichert war, verkaufen. Darüber hinaus mischte sich der Staat
nicht in Wirtschaftsangelegenheiten ein. Der Wirtschaftsliberalismus
(„laissez faire“) und Protektionismus der Politik förderte die
Wirtschaft und führte zu einer bis dahin beispiellosen
Hochkonjunkturphase. Sicherlich waren auch viele der oben genannten
Faktoren in europäischen Staaten vorhanden, jedoch nur in den USA
kam alles zusammen.
Außerdem profitierten die USA vom 1.
Weltkrieg, während die europäischen Staaten aufgrund der immensen
Schäden und Verluste dieses ersten „industrialisierten“ Kriegs
geschwächt wurden. Sie waren bei den USA hoch verschuldet. Die
Alliierten forderten im Versailler Vertrag von Deutschland sehr hohe
Reperationen, um ihre Kriegsschulden bei den USA und den Wiederaufbau
bezahlen zu können. Deutschland wiederum lieh sich zu diesem Zweck
Geld aus den USA. Dieser sehr lukrative Geldkreislauf machte die USA
endgültig zur weltgrößten Wirtschaftsmacht.
Der wirtschaftliche Aufschwung war nun
wie gesagt Grundlage der Konsumgesellschaft. Industrielle
Massenproduktion machte Konsumgüter bezahlbar. Zudem stieg das
Realeinkommen der Arbeitnehmer bei Arbeitszeitverkürzung; der
Achtstundentag wurde eingeführt. Durch die Veränderung des
Verhältnisses von Arbeits- und Freizeit entstand Nachfrage nach
neuen Dienstleistungen, zum Beispiel Kino, Dienstleistungen rund ums
Auto, Urlaub etc. Luxusartikel wurden in Versandhauskatalogen
angeboten und durch Ratenkauf erschwinglich. Dabei wurden häufig
auch Konsumkredite in Kauf genommen, da Güter zu Prestigeobjekten
wurden und Markendenken auf kam. Der soziale Druck verschärfte sich;
Konsum entwickelt sich zum Statussymbol.
Der hohe Lebensstandard hatte auch
einen hohen Preis. Nur durch eine vollkommen rationale,
wissenschaftliche Betriebsführung, bei der einzig die
Gewinnmaximierung im Mittelpunkt stand („Taylorismus“,
„Fordismus“) konnten die Konsumgüter zu solch günstigen Preisen
hergestellt werden. Dass dabei eine völlige Entpersonalisierung der
Arbeit stattfand, wurde von den Arbeitgebern zur Kenntnis genommen,
jedoch nicht beachtet. Industriearbeiter verloren ihren individuellen
Bezug zu der Arbeit. Schlechte Arbeitsbedingungen der Fließband- und
Akkordarbeit hatten sowohl physischen und psychischen Folgen. Mit der
Chance ungelernter Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt stieg auch die
Gefahr von Arbeitslosigkeit und damit von sozialem Abstieg.
Aufstiegsmöglichkeiten bestanden dabei kaum. Es gab einfach eine
geringere Nachfrage nach Fachkräften, sodass es zu einer größeren
Differenzierung innerhalb der Gesellschaft kam.
Insgesamt wurde aus dem Mensch als
Individuum der Mensch als ein Teil einer Masse von Konsumenten. Als
solcher hatte er natürlich auch an der Elektrifizierung und
Motorisierung der Zeit teil und somit an einem hohen Lebensstandard.
Der Arbeiter jedoch wurde vollständig unter ökonomische Maximen
untergeordnet und litt unter großen Belastungen, besonders die
Landbevölkerung. Dass die Kaufkraft auf Dauer nicht in gleicherweise
wie die Produktionskapazitäten steigen konnten zeigte sich in
größerem Ausmaß erst später in dem „Schwarzen Freitag“ und
der „Großen Depression“.
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